Home > Headset >   KOPFHÖRER VON YAMAHA IM TEST:Digitale Raumpflege
  KOPFHÖRER VON YAMAHA IM TEST:Digitale Raumpflege

  

  Kopfhörer können vieles besser als Lautsprecher, aber in einer Disziplin haben sie eine angeborene Schwäche: Sollen sie den Raum abbilden, in dem sich ein Schallereignis abspielt, geraten sie in Verlegenheit. Im besten Fall malen sie eine breite Bühne, vermitteln vielleicht sogar eine Anmutung von Raumtiefe – mehr aber auch nicht.

  Ihr Problem ist: Sie decken das Außenohr ab, ebenjenen Teil unseres Gehörs, der mit seiner spezifischen Geometrie und seinen entsprechenden Reflexionsmustern die Voraussetzungen für alle Richtungswahrnehmungen schafft. Kopfhörer-Konstrukteure haben schon unzählige Rezepte ersonnen, um dieses Problem zu umschiffen. In manchen Hörer-Modellen etwa richten speziell angeordnete Schallwandler den Ton gezielt gegen die Ohrmuscheln, um sie in die Klangbildung einzubeziehen. Andere Lösungen setzen bei der Musikproduktion an.

  In den Siebzigerjahren waren Kunstkopf-Konserven in Mode, Aufnahmen also mit zwei Mikrofonen, die in den Gehörgängen eines Pappkameraden mit menschlichem Antlitz und ordentlichen Ohrmuscheln steckten. Ihre digitalen Erben zählen heute zum Rüstzeug aller großen Streaming-Anbieter. Nicht nur bei Apple Music werden immer mehr Musikkonserven elektronisch so vorgeprägt, dass sie, über Kopfhörer genossen, ein dreidimensionales Raumgefühl vermitteln.

  Gut und schön, findet Yamaha, möchte aber diese Aufgabe lieber dem digitalen Innenleben seines aktiven Kopfhörers YH-L700A überlassen, damit sich auch ganz normale Zweikanal-Musik in die Tiefe des Raums entfaltet. Wie man akustische Umgebungen virtuell darstellt, erforscht der Hersteller schon lange; die Raumklangprogramme in den Heimkino-Receivern der Marke bezeugen es.

  

  Funktioniert die digitale Trickkiste auch im Kopfhörer? Wir haben das gewichtige, etwas kantig anmutende Modell, Kostenpunkt 550 Euro, zum Probehören aufgesetzt. Der YH-L700A bezieht die Musik am liebsten drahtlos über Bluetooth und unterstützt dabei klangschonende Kodierungen wie Aptx. Die Funkbrücke stellt auch die Verbindung zur Headphone App her, die alle Effekte verwaltet. Ein mitgeliefertes Klinkenkabel funktioniert ebenfalls. Dann hat die App Pause, und eine 3D-Taste an der rechten Hörkapsel steppt durch das Angebot an Akustik-Modellen. Die Hörer-Elektronik kann noch mehr: Adaptive Geräuschunterdrückung dämpft Lärm und lässt auf Wunsch einen Teil der Umgebungsgeräusche durch, überwacht die Maximal-Lautstärke und reduziert sie, wenn nötig, behutsam auf ein zuträgliches Maß.

  Haben alle Effekte Pause, erweist sich der Yamaha als ein grundsolider, bassfreundlicher Kopfhörer. So richtig geht der Spaß los, wenn die digitalen Programme Open-Air-, Konzertsaal-, Studio- oder Kino-Atmosphäre vorgeben. Dann verblüfft er mit 3D-Perspektiven, die noch eindrucksvoller wirken, wenn die Head-Tracking-Funktion eingeschaltet ist. Sie bewirkt, dass das Klangbild stehenbleibt, wenn man den Kopf bewegt. Von einigen Gaming-Kopfhörern kennen wir das schon, der Yamaha beherrscht diese Technik wirklich überzeugend. Gut hat uns auch gefallen, wie die Digitalelektronik älteren, manchmal allzu steril aufgenommenen Repertoire-Schätzchen, etwa den frühen Alben der Jazzrock-Formation Chicago, zu knackfrischem Leben verhilft. Ist das noch HiFi? Mehr als das.

 

Author

September 22,2021

Leave a Reply