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Risikofaktor Musik: ab wann sie das Gehör schädigt

Gesundheit: Kopfhörer können gefährlich werden

Neubrandenburg

Neubrandenburg. Ob beim Joggen, Radfahren oder auf dem Weg zur Schule und Arbeit: Kopfhörer auf den Ohren gehören für viele Menschen zum guten Ton. Doch Experten warnen: Das dauerhafte Tragen kann gesundheitsschädigend sein – ja sogar lebensgefährlich, wie tragische Unfälle in der Region immer wieder brutal vor Augen führen. Der schlimmste hatte sich Anfang 2018 ereignet. In Neubrandenburg war ein 18-jähriger Junge von einem Zug überrollt und getötet worden – er hatte ihn nicht kommen hören, als er mit Kopfhörern im Ohr auf dem Fahrrad einen Bahnübergang überquerte.

Die Polizei warnt immer wieder vor der Benutzung von Kopfhörern im Straßenverkehr. Die Nutzung ist nicht generell verboten, aber nur erlaubt, wenn gewährleistet ist, dass das Gehör dabei nicht eingeschränkt wird. Doch genau das passiert viel leichter, als manche denken, wie Mediziner erklären. „Zu Hause startet man meist noch mit einer gesunden Lautstärke, dreht dann auf der Straße aber auf, um den Umgebungslärm zu übertönen“, sagt Michael Deeg, Sprecher des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte zum Tag gegen Lärm am 24. April. Der internationale Aktionstag soll auf die Ursachen von Lärm und seine Folgen aufmerksam machen.

Länge und Lautstärke entscheidend

Michael Deeg zufolge spiele die Art des Kopfhörers keine Rolle. Es sei also egal, ob man so genannte In-Ear-Kopfhörer zum Einstecken in die Ohrmuschel oder klassische Modelle mit einem Bügel nutze. „Wichtig ist, wie viel Schallenergie am Ohr ankommt und wie lange die Belastung dauert“, erklärt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Eine gesündere Alternative könnten Kopfhörer darstellen, die den Umgebungslärm ausschalten, sagt Thomas Zahnert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Dresden. „Mit ihnen kann man die Musik leiser genießen“, sagt er. Michael Deeg hingegen würde sich nicht auf die neue Technik verlassen, schon gar nicht auf der Straße.

Grundsätzlich sind Kinder und Erwachsene gleichermaßen gefährdet. Der Schutz des Gehörs sei aber bei Kindern und Jugendlichen ein wichtiges Thema, da diese häufig Smartphones, Tablets und Computer mit Kopfhörern nutzen. „Wenn ein Kind Kopfhörer draufkriegt, kann das über die Jahre ein Problem werden, wenn man die Spielregeln nicht beachtet“, verdeutlicht Michael Deeg.

Vorsicht in Klub oder Konzert

Wichtig sei es, dauerhaft Lärm über 85 Dezibel zu vermeiden. Das ist etwa so laut wie der Geräuschpegel an einer Hauptverkehrsstraße. Auch kurzzeitige starke Lärmbelastung – wie etwa in einem Klub- oder beim Konzertbesuch – könne Schaden anrichten. Dabei steige der Lärmpegel auch schon mal auf 100 Dezibel und mehr.

Durch starke Schallwellen werden laut Deeg vor allem die feinen Haarzellen im Innenohr geschädigt. „Bei hoher Schallenergie werden sie plattgedrückt wie Getreide auf dem Feld bei Sturm“, beschreibt der Experte. Oftmals richteten sich die Härchen wieder auf, allerdings nicht immer.

Hörschäden am Arbeitsplatz gehen zurück

Noch fehlen Zahlen, die belegen könnten, dass Hörschäden durch die verstärkte Nutzung von Kopfhörern zunehmen. „Gesichert können wir nur sagen, dass die Hörschäden durch Lärm am Arbeitsplatz in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen sind“, so Michael Deeg. Eine positive Folge von Prävention und Arbeitsschutz.

Der Dresdner HNO-Professor Zahnert fordert ein stärkeres Bewusstsein für das Gehör. „Uns fehlt eine Hörhygiene“, sagt er. Viele Menschen kümmerten sich zwar intensiv um ihre Ernährung und ihren Körper. Doch das Gehör werde dabei vernachlässigt. Die Tatsache, dass man bereits mit einer kurzzeitigen starken Lärmbelastung viel Schaden anrichten könne, sei vielen vor allem jungen Menschen nicht bewusst.

Prüfen der Lautstärkepegel von Kopfhörern auf dem iPhone

Tippe auf „Kopfhörergeräuschpegel“ und führe anschließend beliebige der folgenden Schritte aus:

Belastungspegel im Zeitverlauf: Tippe auf die Tabs oben auf dem Bildschirm. (Alle Pegel werden in Dezibel gemessen.)

Infos über Klassifizierungen von Lautstärkepegeln: Tippe auf .

Im Diagramm angezeigte Zeitspanne ändern: Streiche auf dem Diagramm nach links oder nach rechts.

Details zu einem Zeitpunkt anzeigen: Lege den Finger auf das Diagramm und bewege es, um die Auswahl zu verschieben.

Details zur durchschnittlichen Belastung anzeigen: Tippe auf „Alle Filter einblenden“ und dann auf „Tagesdurchschnitt“.

Linie für die durchschnittliche Belastung anzeigen: Tippe unter dem Diagramm auf „Belastung“.

Hohen und niedrigen Bereich anzeigen: Tippe auf „Alle Filter einblenden“ und dann auf „Bereich“.

Daten nach Kopfhörern filtern: Tippe auf „Alle Filter einblenden“, scrolle auf dem Bildschirm nach unten und wähle einen deiner Kopfhörer aus.

Risikofaktor Musik: ab wann sie das Gehör schädigt

«Musikhören gehört zu den bevorzugten Alltagsbeschäftigungen vieler Jugendlicher. Das geht jedoch mit dem Risiko für Schwerhörigkeit einher», sagt Dr. Etienne Krug, WHO-Direktor für die Verletzungsvorbeugung. Die Organisation schätzt in einem Bericht, dass fast 50 Prozent aller Menschen im Alter von 12 bis 35 Jahren, die in den Industrieländern leben, einem gefährlich hohen Mass an Lärm ausgesetzt sind – vor allem durch Musik, die über das Smartphone gehört wird. Darüber hinaus seien weitere 40 Prozent potenziell schädlichen Lärmpegeln in Konzerthallen und Nachtclubs ausgesetzt.

Jugendliche stark gefährdet

Eine Analyse aus den USA zeigt, dass immer mehr Jugendliche von Schwerhörigkeit betroffen sind. Mit einfachen Schutzvorkehrungen könnten junge Menschen weiterhin Musik konsumieren, ohne dabei das Gehör aufs Spiel zu setzen. Die WHO definiert eine Lautstärke von über 85 Dezibel für acht Stunden oder 100 Dezibel für 15 Minuten als schädlich. Um das Risiko zu senken, empfiehlt die WHO, dass junge Menschen die Lautstärke ihrer Abspielgeräte reduzieren und bei Konzertbesuchen Ohrstöpsel und andere Arten von Gehörschutz verwenden. Darüber hinaus rät die WHO, täglich nicht länger als eine Stunde direkt am Ohr Musik zu hören.

Besser Ohrstecker oder Kopfhörer?

Viele Menschen nutzen In-Ear-Kopfhörer, um Musik oder PodCasts zu hören, oder zum Telefonieren. Ob In-Ear-, Bügel- oder Muschel-Kopfhörer, ist letztlich eine Frage des Zwecks: Bei geschlossenen Kopfhörern werden Nebengeräusche ausgeblendet, somit ist eine geringere Lautstärke nötig, um das gewünschte Klangergebnis zu erreichen. Bei den neuen kleinen In-Ear-Kopfhörern für das Smartphone gibt es solche mit Lautstärkeregelung, die starken Nebengeräusche aus der Umwelt verführen jedoch schnell zum Aufdrehen der Lautstärke.

Endlich Stille! Immer mehr Menschen empfinden den Alltag heute als zu laut. Sogenannte Noise cancelling Kopfhörer sind eine Wohltat für die Ohren und werden gern in Flugzeugen, Grossraumbüros oder selbst beim Stadtbummel genutzt. Viele Schweizer Schulen bieten diese Kopfhörer für Kinder an, die sich im Getümmel der Klasse nur schwer konzentrieren können.

Verkehr gefährlicher mit Kopfhörern

Das Gesetz erlaubt es, auch beim Auto- und Velofahren sowie als Fussgänger Kopfhörer zu tragen, sofern die allgemeine Verkehrssicherheit nicht gefährdet wird. Allerdings riskiert man so auch Unfälle. Wer mit Kopfhörer in einen Unfall verwickelt ist, trägt unter Umständen eine Mitschuld. Akustik-Experten der Suva errechneten, dass etwa ein Velofahrer, der mit einer Lautstärke von 80 Dezibel Musik über Kopfhörer hört, von hinten nahende Fahrzeuge erst auf drei Meter Abstand wahrnimmt. Die Reaktionszeit ist daher oft zu kurz, um einer Gefahr zu entkommen.

Tinnitus durch zu laute Musik

Bereits heute hat jeder fünfte Jugendliche ein permanentes Klingeln in den Ohren, wie eine Studie der Universität Antwerpen in Belgien ergeben hat. An der Untersuchung nahmen 4’000 flämische Studenten teil. Danach hat ein Fünftel der Schüler in den Oberstufen ein permanentes Klingeln in den Ohren, welches Folge von zu hoher Lärmbelastung ist. Drei von vier Befragten haben schon einmal temporären Tinnitus erlebt. Aber nur fünf Prozent verwenden Gehörschutz wie zum Beispiel Ohrstöpsel. Tinnitus und Schwerhörigkeit sind eng miteinander verbunden. Auslöser für Tinnitus kann ein zu hoher Lärmpegel sein. Wer seine Ohren über lange Zeit hohen Lärmquellen (auch durch Kopfhörer) aussetzt, riskiert Tinnitus.

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May 15,2022

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